hello world!
Standorte

Aufbau eines echten, differenzierten Wertesystem - Top 10 Tipps

Erkenntnisse aus einer Analyse der Wertesysteme von 500 Vermögensverwaltern weltweit.

Wären Sie von einem Arzt beeindruckt, der Ihnen sagt, dass er professionell arbeitet, dass er sich um Sie sorgt, er Sie mit Integrität behandelt und dass Sie ihm vertrauen können? Wahrscheinlich nicht. Das sind sogenannte ‹Hygienefaktoren›. Die Differenzierung findet jedoch auf einer ganz anderen Ebene statt. Wir haben weltweit über 1’000 Werte-Versprechen von mehr als 500 Vermögensverwaltern analysiert. Das Ergebnis zeigt, dass viele Unternehmen in diesem Bereich so auftreten wie im oben genannten Beispiel.

Sie konzentrieren sich auf das Naheliegende und haben dementsprechend eine undefinierte und undifferenzierte Aussendarstellung. Wir glauben, dass dies ein Aspekt ist, auf den sich Vermögensverwalter achten sollten. Denn die Finanzbranche wird wettbewerbsfähiger und wir sehen immer mehr Anzeichen dafür, dass die kulturelle Affinität zwischen Kunde und Anbieter ein wichtiger Entscheidungsfaktor wird.

In diesem Artikel geben wir zunächst einen Überblick über die Ergebnisse der von uns durchgeführten Werteanalyse, bevor wir einige praktische Empfehlungen für besser wirkende Wertesystems zu abgeben.

Ein ‹Wertesystem› ist eine kohärente Reihe von Überzeugungen und Einstellungen, die jeden Teil dessen, was wir sind und wie wir uns verhalten, beeinflussen. Werte sind der tiefste Teil dessen, was uns zu Menschen macht und bestimmen, wie wir die Welt um uns herum sehen, verstehen und wie wir auf sie reagieren. Werte helfen uns zu entscheiden, was richtig oder falsch, gut oder schlecht, normal oder sonderbar ist. Und sie wirken oft auf einer unbewussten Ebene. Werte helfen uns, ein Urteil zu fällen, wenn wir zum Beispiel einen neuen Menschen kennenlernen. Sie beeinflussen aber auch unsere wichtigsten Lebensentscheidungen, zum Beispiel wen wir heiraten, wie wir mit dem Tod umgehen und was uns glücklich macht.

Was für Einzelpersonen gilt, wirkt sich auf kommerzielle Organisationen noch stärker aus. Der eigentliche Grund, warum Unternehmen Zeit darauf verwenden, über ihr Wertesystem nachzudenken und dies zu artikulieren, liegt in der Notwendigkeit die eigene Identität fassbar zu machen. Auf diese Weise können sie intern und extern eine kulturelle Ausrichtung entwickeln, die richtigen Talente anwerben und Relevanz für ihre Kunden schaffen.

Werteversprechen

 

Banalitäten und Binsenweisheiten dominieren die Werteversprechen

Im Rahmen der Untersuchung für unseren Responsible Investment Brand Index RIBITM haben wir die Wertesysteme aller Vermögensverwalter aus dem Top-500-Ranking von ‹Investment and Pensions Europe› (IPE) analysiert.

In einer Welt, in der Integrität und Vertrauen als selbstverständlich gelten, ist es erstaunlich, dass nur die Hälfte der untersuchten Unternehmen überhaupt ein Wertesystem ausformuliert haben. Oder um es mit den Worten von Jack Welch, Vorsitzender von General Electric von 1981 bis 2001, zu sagen: «Kontrollieren Sie Ihr eigenes Schicksal, oder jemand anderes wird es für Sie tun.»

"Subjektivität ist Gift für den Aufbau einer starken Unternehmenskultur."

Bei den Vermögensverwaltern, die ihr Wertesystem proaktiv kommunizieren, fanden wir die folgenden Werte am häufigsten vertreten:

Tabelle der Werteversprechen von Vermögensverwalter

Die Analyse der regionalen und kulturellen Unterschiede ergab nur geringfügige Unterschiede. Offensichtlich ist das aktive Handeln und die systematische Verankerung eines Wertesystems ein universeller Weg, um das Bindegewebe zu schaffen, das die Unternehmenskultur ausmacht. Auch beim Vergleich der Veränderungen der Wertesysteme über die Zeit konnten wir keine signifikanten Veränderungen feststellen, was darauf hindeutet, dass Wertesysteme langlebig zu sein scheinen und einen stabilen Anker für alle Stakeholder innerhalb und ausserhalb eines Unternehmens darstellen.

In ähnlicher Weise haben wir auch untersucht, ob die Grösse des verwalteten Vermögens einen Einfluss darauf hat, wie Unternehmen ihre Werte formulieren. Entsprechend haben wir uns auch kleine Vermögensverwalter angeschaut – (Unternehmen mit einem verwalteten Vermögen von weniger als 20 Mrd. USD, die 35% der Unternehmen in unserer Studie ausmachen) – auch hier konnten wir keine signifikanten Besonderheiten feststellen.

Die Wertesysteme der Vermögensverwalter lassen sich also unabhängig von ihrer Grösse oder geografischen Lage wie folgt zusammenfassen:

  • Undifferenziert
    Ein Viertel oder mehr der evaluierten Unternehmen teilen eine Reihe von identischen Werten, z. B. sind sie alle ‹ausgezeichnet, professionell, verantwortungsbewusst, kooperativ und handeln mit Integrität sowie sind kundenorientiert›. Das sind gute Ansätze, die auch erwartet werden. Aber es hilft den Unternehmen nicht, sich zu differenzieren.
  • Uninformativ
    Was erfährt man über ein Unternehmen, das von sich behauptet, professionell, ethisch und kundenorientiert zu sein? Wer würde sich als unprofessionell oder unethisch bezeichnen? Solange Werte nicht artikuliert werden, reichen Worte allein nicht aus. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit einem Wertesystem konnten wir nur bei einer Minderheit der Unternehmen feststellen. Was wir selbst nicht ohne weiteres fnden konnten, wird auch für die Kunden (das schliesst unsere Definition von bestehenden und potenziellen Kunden ein) im Unklaren bleiben.

Wir halten dies für ein echtes Problem in einer Branche, in der ein enormer Wettbewerb herrscht (13’000 Vermögensverwalter weltweit konkurrieren um Aufträge aus demselben Pool). In einer Branche also, in der die Übereinstimmung der Werte immer mehr zu einem Faktor im Auswahlprozess der Kunden wird. So würden 77% der Menschen nicht gegen ihre Überzeugung investieren. Die Berücksichtigung der Kultur bei der Auswahl eines Vermögensverwalters gehört inzwischen zu den Standardverfahren der Due Diligence, die von den institutionellen Anlegern durchgeführt wird.

Auf der Grundlage unserer Analyse geben wir im Folgenden einige Empfehlungen für Vermögensverwalter ab, welche an ihren Werten arbeiten wollen. Diese Empfehlungen basieren auf unserer wissenschaftlichen Forschung zu Marken, auf Best Practices, die wir bei erfolgreichen Unternehmen in verschiedenen Branchen beobachtet haben, und auf der Arbeit, die wir täglich für unsere Kunden leisten.

Die top 10-Tipps zur Umsetzung eines echten und differenzierenden Wertesystems

1. Fokussieren

Die durchschnittliche Anzahl der von den Vermögensverwaltern angegebenen Werte-Versprechen liegt bei 3.5. In der von uns analysierten Auswahl geben einige Vermögensverwalter sogar bis zu acht Werte an. Wir empfehlen, sich auf wenige Werte zu konzentrieren, idealerweise drei, maximal vier. Wenn Sie mehr haben, laufen Sie Gefahr, allen alles zu bieten - das genaue Gegenteil des angestrebten Ziels. Wenn Ihnen mehr Werte einfallen, denken Sie nochmals nach. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Sie bei genauerer Betrachtung Überschneidungen feststellen. Überlegen Sie, was offensichtlich ist und was weggelassen werden kann. Was passt wirklich zu Ihnen? Spiegeln Ihre Werte auch Ihre Ambitionen und Zukunftsvisionen wider?

"Ihre Identität wird durch Ihr kollektives Wertesystem definiert, nicht durch jeden einzelnen Wert."

2. Betrachten Sie Ihre Werte als ein System

Die Gesamtheit Ihrer Werte macht Sie zu dem, was Sie sind. Ihre Identität wird durch das Zusammenspiel Ihrer Werte definiert. Bevor Sie also das Wertesystem Ihres Unternehmens der Welt offenbaren, sollten Sie sorgfältig prüfen, ob alles zusammenpasst und ein genaues Bild vermittelt wird. Die Werte-Versprechen ergänzen sich gegenseitig und sollten zusammen etwas ergeben, das stärker ist als die Summe seiner Teile. Und ganz wichtig - stellen Sie sicher, dass Sie den eigenen Werten nicht widersprechen.

3. Aktive Differenzierung

Von den drei oder vier Werten muss mindestens einer ein klares Unterscheidungsmerkmal für Ihr Unternehmen sein. Etwas, wofür Sie bekannt sind, etwas, wofür Sie der Markt anerkennt. Die anderen Werte können auf funktional sein. Wir nennen diese ‹Verhaltenswerte›. Das sind Eigenschaften, die Ihre Unternehmenspersönlichkeit und Ihren Charakter prägen. Wenn sich alle Ihre Werte in den Top 10 befinden und Ihr Leitsatz lautet: «Wir streben nach Exzellenz, wir arbeiten als Team und die Zufriedenheit unserer Kunden steht an erster Stelle», dann verpassen Sie die Chance, sich von der Masse abzuheben und werden wahrscheinlich unbemerkt bleiben.

4. Denken Sie sorgfältig über Ihre Zielgruppe nach

Jedes Unternehmen ist, wie jeder Mensch auch, einzigartig: Ein Unternehmen ist die Summe seiner Geschichte, seines Umfelds und seiner Kultur. Daher können Firmen eine starke und erfolgreiche Verbindung zu ihren verschiedenen Zielgruppen herstellen: Kunden, Interessenten, Bewerber, Geschäftspartner, Akquisitionskandidaten usw. Sie müssen aber genau definieren, wer sie sind, damit Ihr Wertesystem bei der Zielgruppe Anklang befinden kann. Es geht um Klarheit und Relevanz.

"Alle mit allem anzusprechen ist keine gute Idee."

Nehmen Sie zum Beispiel ‹Innovation› (der sechsthäufigste Wert in unserer Studie). Dieser Wert mag für einige Zielgruppen durchaus ansprechend sein, für andere hingegen nicht. Wir wollen damit nicht sagen, dass Sie sich von polarisierenden Werten fernhalten sollen, ganz im Gegenteil. Aber Sie müssen Ihr Zielpublikum kennen, um die richtige, über Werte vermittelte Botschaften zu finden.

5. Vermeiden Sie, was Ihre Stakeholder für selbstverständlich halten

Es ist erstaunlich, dass ‹Professionalität› und ‹Ethik› in unserer Analyse an erster Stelle der Werte stehen. Sollte das nicht selbstverständlich sein für eine Branche, die Billionen von Vermögen verwaltet und eine grosse gesellschaftliche Verantwortung trägt? Wir empfehlen daher, solche Floskeln möglichst zu vermeiden. Ihr Publikum setzt sie als selbstverständlich voraus. Die explizite Formulierung solcher offensichtlichen Statements kann gar das Gegenteil des gewünschten Effektes bewirken.

6. Werte sind Teil eines grösseren Ganzen

Wie bereits in Tipp 4 erwähnt, sollten Sie sehr sorgfältig über Ihre Zielgruppe nachdenken. Auch müssen Sie überlegen, wie Ihr Wertesystem Teil Ihrer Marke wird, und dafür sorgen, dass es mit anderen Elementen Ihres Unternehmens konsistent und nahtlos verbunden ist. So ist beispielsweise eine starke Übereinstimmung und Angleichung mit Ihrem Purpose und Ihrer Vision von wesentlicher Bedeutung. Entsprechend müssen Sie eine Strategie haben, die festlegt, wie Sie Ihr Wertesystem aktivieren wollen. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Werte in Ihrer gesamten Kommunikation und in all Ihren Interaktionen mit den verschiedenen Interessengruppen zum Tragen kommt? Und was am wichtigsten ist: Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeitenden Ihre Werte-Versprechen auch wirklich leben?

7. Werte sind keine Eigenschaften

Ein ‹Wertesystem› sind kohärente Überzeugungen und Einstellungen, die jeden Teil dessen, was wir sind und wie wir uns verhalten beeinflussen. Begriffe wie ‹Forschung›, ‹Leistung›, ‹Work-Life-Balance› sind Merkmale oder Eigenschaften - aber es sind keine Werte. Vermögensverwalter, die solche Begriffe verwenden, verpassen die Gelegenheit, die emotionale Seite des Lesers anzusprechen. Im gleichen Sinne sind ‹Diversität› und ‹Inklusion›, auch wenn gut gemeint keine Werte als solche, sondern oft organisatorische Gestaltungsmerkmale. Manchmal und je nach Markt, in dem der Vermögensverwalter tätig ist, können diese Elemente sogar obligatorisch und/oder reguliert sein.

8. Nehmen Sie sich Zeit, Ihre Werte zu formulieren

Es ist verlockend, nach der Festlegung der Unternehmenswerte die ersten spontanen Gedanken für die neu formulierten Versprechen zu verwenden. Bitte tun Sie das nicht. Nehmen Sie sich die Zeit, darüber nachzudenken. Diskutieren Sie, wie Sie Ihre Werte am besten ausdrücken können. Ist zum Beispiel «Den Status quo herausfordern» nicht spezifischer und auffälliger als «Wir sind anders»? «Wir fördern selbstständiges Denken» ist inspirierender und viel umfassender als «Wir arbeiten im Team». Wenn Sie sich die Zeit nehmen, Ihre Formulierungen zu überarbeiten, werden Sie noch unverwechselbarer und können ohne Mehrdeutigkeiten verstanden werden. So erreichen Sie die Gefühle Ihres Publikums noch besser. Oft reichen Worte nicht aus. Überlegen Sie sich, ob Sie die richtigen Bilder und Visualisierungen verwenden, um Ihren Werten mehr Bedeutung zu verleihen.

9. Zukunftsichere Werte

Unsere Analyse zeigt, dass sich ein einmal etabliertes Wertesystem im Laufe der Zeit nur wenig verändert. Tatsächlich geht es bei der Arbeit an Wertesystemen oft um Evolution, nicht um Revolution. Wertesysteme können ein starker Stabilitätsanker sein und gerade in schwierigen Zeiten als Nordstern dienen, der Orientierung gibt. Wenn Sie jedoch darüber nachdenken, ein Wertesystem einzuführen oder ein bestehendes weiterzuentwickeln, empfehlen wir Ihnen, dieses mit Ihren Zielsetzungen, Ihrer Vision und den notwendigen Anpassungen Ihrer Strategie abzustimmen. Fragen Sie sich, ob Ihr Wertesystem dem standhält, ob es als positiver Katalysator wirken kann und Veränderungen ermöglicht, die Sie zum Ziel führen. Wir nennen diesen Teil des Prozesses ‹Futuring Values›. Damit stellen Sie sicher, dass Sie ein Wertesystem entwickeln, das so weit wie möglich in die Zukunft blickt.
10. Ihre Werte wahrwerden lassen

Dies ist vielleicht der wichtigste Rat von allen: Holen Sie Ihre Werte aus PowerPoint-Präsentationen, Dokumenten und Websites heraus und lassen Sie sie lebendig werden. Integrieren Sie Ihr Wertesystem in Ihren Einstellungsprozess, um Talente anzuziehen und einzustellen, die zu Ihrer Unternehmenskultur passen. Nutzen Sie Ihre Werte als Teil Ihrer Leistungsbeurteilung - sowohl in der Personalabteilung als auch bei Geschäftsentscheidungen. Machen Sie Ihre Werte in Ihrem Büro sichtbar und bekräftigen Sie sie regelmässig in Ihrem Unternehmen. Bringen Sie in Mitarbeiter- und Kundengesprächen Ihre Werte zur Sprache. Und achten Sie unbedingt darauf, dass auch Ihr Verwaltungsrat und Ihre Geschäftsleitung nach Ihrem Wertesystem handelt.

Fazit

"In Zeiten zunehmender Transparenz und immer fliessender werdenden Grenzen zwischen Organisations-, Markt- und Kundengruppen können gut durchdachte und unverwechselbare Wertesysteme Vermögensverwaltern zu neuen Höhen verhelfen. Sie sorgen für Klarheit, Di erenzierung, Bindung und Attraktivität - und vieles mehr."

Klarheit und Differenzierung in Bezug auf Positionierung, Bindung und Attraktivität stellen sicher, dass die richtigen Kunden und Talente gewonnen und gehalten werden. Gut durchdachte Wertesysteme sind nicht
nur überzeugend, sondern wirken sich auch auf das Bindegewebe aus, das Ihre Kultur formt und Sie zu dem macht, wer Sie wirklich sind. Als Teil von etwas Grösserem konzentrieren sich Werte auf Ihre Raison d’être und treiben Ihre Vision, Strategie und Ziele voran. Sie können indirekt zur betrieblichen Effizienz beitragen, Schwierigkeiten überwinden und taktische Massnahmen koordinieren. Und sie machen einfach auch Spass!

Ein Wertesystem erfordert die Bereitschaft zur Weiterentwicklung und muss methodisch fundiert sein. Oder um es mit den Worten des Dalai Lama zu sagen: «Öffne deine Arme für den Wandel, aber lass deine Werte nicht los.»

Diesen Blogpost gibt es auch als White Paper im PDF-Format, das Sie unter diesem Link finden.

Verwandte
artikel
Newsletter
abonnieren
magnifier